Ausschließen

Und schon war das Thema wieder da: Meine Tochter hatte mit ihrer Klassenkameradin Ida verabredet, dass sie gemeinsam zur Schule fahren. Aber Ida kam nicht, um sie abzuholen. Enttäuscht machte sich meine Tochter alleine auf den Weg. In der Schule stellte sie Ida zur Rede. Und Ida erzählte offen, dass ihre Freundin Lilli ihr verboten hatte, meine Tochter abzuholen. Lilli ist wohl ein dominantes Mädchen, das sehr oft andere Kinder ausschließt.

 

Ich erklärte meiner Tochter, dass es ganz wichtig ist, diesen Vorfall nicht auf sich selbst zu beziehen. Höchstwahrscheinlich hat Lilli ein geringes Selbstwertgefühl, wurde vielleicht sogar in der Vergangenheit selbst mal ausgeschlossen und trägt die große Angst in sich, dass es wieder passieren könnte. Also schließt sie selbst andere aus, um sich vor diesem Schmerz zu schützen. Das mag kurzfristig zu einer Art Befriedigung, Macht und Sicherheit in Lilli führen, hinterlässt aber dauerhaft in ihrem tiefen Inneren negative Gefühle, die wiederum den bereits bestehenden Schmerz und die Angst verstärken.

 

In uns allen ist diese Angst vor dem Alleinsein tief verankert. Wir denken, dass wir durch Verbundenheit mit anderen Menschen Liebe, Anerkennung und Sicherheit erfahren und suchen damit unser Glück im Außen. Also machen wir oft Dinge, die von uns erwartet werden bzw. Dinge, die andere tun, nur um nicht ausgeschlossen zu werden. Warum raucht man die erste Zigarette? Warum wünscht man sich zum Schulwechsel ein Handy? Warum muss es unbedingt eine ganz bestimmte Jeans von einer ganz bestimmten Marke sein?

 

Wir machen das alles, um dazuzugehören und nicht das Gefühl des Ausgeschlossenseins spüren zu müssen. Wir möchten anderen gefallen und denken, dass dies gelingt, wenn wir ihnen nacheifern. Wir tun dann manchmal Dinge, die wir eigentlich gar nicht tun wollen und die uns nicht entsprechen, nur weil wir Angst davor haben, anders zu sein.

Klar, wenn die Markenjeans voll Deinen Geschmack trifft, dann kauf sie. Wenn sie aber nur dazu dient, mit dem Strom zu schwimmen und dazuzugehören, dann kauf sie doch einfach mal nicht und schau, was passiert. Schau, was es mit Dir macht. 

 

Wichtig ist es, mit unserem Kind immer im Gespräch zu bleiben und ihm zu versichern, dass es mit all seinen Ecken und Kanten ganz wundervoll ist, auch wenn es anders ist und mal gegen den Strom schwimmt. Es ist so wichtig, bei sich selbst und seinen Werten zu bleiben und seiner Intuition zu vertrauen - in dem guten Wissen, dass man liebenswert ist, auch wenn man nicht der Norm entspricht.

 

Nach einem langen Gespräch hat meine Tochter glücklicherweise verstanden, dass gerade die Kinder, die andere klein machen oder ausschliessen, sich selbst oft ganz klein und ausgeschlossen fühlen.