Schuldgefühle

Wir können uns gar nicht vorstellen wie schnell unser Kind Schuldgefühle entwickelt, ohne dass wir es merken. Erst vor ein paar Wochen hatten wir eine solche Situation:

Mein Sohn hatte Besuch von seinem Freund. Da wir leider keinen Garten haben, die Jungs aber immer ausreichend Bewegung brauchen, haben wir einen Deal gemacht: Bälle und wilde Spiele sind in unserem langen Altbauflur okay, im Wohn- und Esszimmer aber tabu.

 

Trotzdem begannen die Jungs und meine Tochter nach einiger Zeit immer wilder durch das Wohnzimmer zu toben, das Sofa als Trampolin zu benutzen und sich mit Kissen zu bewerfen. Ich erinnerte sie erst freundlich, dann immer deutlicher an unsere Abmachung. Wie erwartet waren sie wenig begeistert, vermittelten mir aber doch ein gewisses Gefühl von Einsicht, so dass ich mich entspannt in die Küche zurückzog, um das Abendessen vorzubereiten.

 

Keine halbe Stunde später standen auf einmal alle mit langen Gesichtern vor mir und legten ihre Beichte ab: Ein Windlicht war im Wohnzimmer zerbrochen.

Meine erste Reaktion: „ Ach Mann, das finde ich jetzt echt doof. Ich habe Euch doch gesagt, dass ihr da nicht mit Kissen werfen sollt. Das Windlicht hat uns echt viel bedeutet, wir haben es von einer Freundin zum Tod Eurer Omi bekommen...“. 

 

Mit hängenden Köpfen entschuldigten sie sich und gingen ins Wohnzimmer zurück, um die Scherben einzusammeln. Ich nutzte die Zeit, um einmal tief durchzuatmen und zu reflektieren. Glücklicherweise fand ich relativ schnell aus meinen Emotionen und Gedanken heraus und entspannte mich. 

 

Was mich anschließend wirklich sehr berührte, war die Reaktion meiner Kinder: Mein Sohn schrieb mir einen Entschuldigungszettel und meine Tochter brachte mir ihr Taschengeld.

Ich spürte sofort ihr großes Schuldgefühl. Schuldgefühle können Kinder ein Leben lang begleiten und blockieren. Deshalb ist es ganz wichtig, diese am besten erst gar nicht entstehen zu lassen oder möglichst schnell wieder aufzulösen. 

 

Dinge passieren und wir können sie nicht rückgängig machen, indem wir unseren Kindern Vorwürfe machen. Meist fühlen sie sich eh schon unwohl genug. 

Es ist sicherlich gut, ihnen zu zeigen, dass wir traurig sind, wenn etwas kaputt gegangen ist, was uns am Herzen liegt. Aber auch uns passieren Missgeschicke und es tut den Kindern gut, wenn wir ihnen (bestenfalls humorvoll) von ihnen erzählen. 

 

Und ich finde es wichtig, Ihnen deutlich zu machen: Am Ende ist alles Materielle ersetzbar. Entscheidend ist, dass die Kinder aus einem solchen Vorfall lernen und beim nächsten Mal vielleicht etwas bedachter und rücksichtsvoller sind. Sie sollten aber niemals ein Schuldgefühl in sich tragen, das ihnen ihren Lebensweg erschwert.