
Das Wort Zucker war lange ein absolutes Reizwort in unserer Familie. Ich habe von Anfang an sehr auf den Zuckerkonsum meiner Kinder geachtet und wurde dafür oft von Freunden und meiner Familie belächelt.
Aber nicht zuletzt durch meinen Beruf weiß ich einfach, wie schädlich Zucker ist und was er mit uns Menschen macht. Es tut mir jedes Mal in der Seele weh, wenn ich sehe, wie viel von diesem ungesunden Zeug bereits in Kleinkinder reingestopft wird.
Dabei geht es mir nicht um das Eis im Freibad oder das Popcorn im Kino, sondern vielmehr um einen achtsamen Umgang damit.
Wahrscheinlich ist vielen Eltern gar nicht bewusst, wie schädlich Zucker eigentlich ist. Wer aber mal nach dem Verzehr einer Tafel Schokolade oder einer Tüte Gummibärchen in sich oder sein Kind hinein spürt, merkt recht schnell: Es fühlt sich nicht wirklich gut an.
Spannendes Gegenexperiment: Hast Du mal versucht, 10 Tage komplett auf Zucker zu verzichten?
Im Grunde ist dies kaum möglich, weil nahezu allen Lebensmitteln Zucker zugesetzt ist. Aber bereits ein Verzicht auf die ganz offensichtlichen Zuckervarianten ist in den ersten Tage geprägt von starken Kopfschmerzen und sehr großen Entzugserscheinungen. Ein deutliches Warnsignal dafür, was der süße Stoff mit uns macht.
Ich persönlich würde zwar nicht so weit wie einige Wissenschaftler gehen und Zucker mit einer Droge gleichsetzen. Aber es ist auf jeden Fall gut, wenn wir bewusst mit diesem Nahrungsmittel umgehen.
Und: Hast Du die ersten Entzugserscheinungen erstmal überstanden, spürst Du sehr schnell, wie viel Energie in Dir freigesetzt wird und wie viel besser es Dir geht.
Noch vor ein paar Jahren machte ich bei meinen Kindern den Fehler, Süßigkeiten zu reglementieren: Drei Süßigkeiten pro Tag lautete unsere Devise. Darin enthalten waren auch Dinge wie Ketchup, Fruchtjoghurt, Marmelade und Ähnliches.
Auch wenn meine süßen Mäuse das zu Hause meist beherzigten, passierte es nicht selten, dass sie bei Freunden oder Großeltern dem Reiz nicht widerstehen konnten und mit Bauchschmerzen nach Hause kamen. Wir bemerkten, dass sie anfingen, heimlich Süßigkeiten zu essen. Unsere „3-Süßigkeiten-pro-Tag-Devise“ ging nach hinten los, denn anstatt unsere Kinder in ihrer Eigenverantwortung zu stärken, hatten wir den Reiz nur erhöht. Es musste dringen eine Planänderung her.
Also klärten wir unsere Kinder detailliert darüber auf, was Zucker mit uns Menschen macht und übertrugen ihnen dann voll und ganz die Verantwortung für ihren Süßigkeitenkonsum. Wir selbst nahmen uns fest vor, die Verantwortung auch wirklich abzugeben und ihren Konsum mit keiner Silbe zu bewerten.
Eine große Herausforderung, aber unser Plan ging auf.
Die Kinder waren zunächst irritiert, wurden dann aber immer besser darin, ihre Eigenverantwortung auch wahrzunehmen und selbstbewusst zu ihrem Zuckerkonsum zu stehen.
Heute haben sie kein Problem mehr damit, uns ganz offen und ehrlich zu erzählen, wie viel sie wo genascht haben.
Ich gebe zu: Ganz selten muss ich mir innerlich immer noch auf die Zunge beißen, wenn sie es meiner Meinung nach doch mal übertrieben haben. Aber auch das gelingt mir immer besser. Ich weiß, dass sie inzwischen viel achtsamer mit Süßigkeiten umgehen und ein gutes Gespür dafür entwickelt haben, wie viele ihnen gut tun.
Und wenn sie dann doch mal über die Strenge schlagen, dann ganz bewusst und mit voller Überzeugung.