Bewerten

Heute Morgen klebte dieser nette "Scheiße geparkt!"-Zettel an meinem Auto und ich musste wirklich lachen… Er spiegelt so schön wieder, was gerade in der Welt passiert. 

Wir alle haben ganz unterschiedliche Werte, Wahrnehmungen, Vorlieben, Sichtweisen und Empfindungen. Und gerade das ist es, was die Welt so kunterbunt und besonders macht. 

 

Ein ständiges Bewerten hingegen führt dazu, dass alle Menschen irgendwann einer gewissen Norm entsprechen möchten und all der Zauber der Individualität und Kreativität verloren geht. Wir verlernen, auf unser Bauchgefühl zu hören und unserer Intuition zu folgen.

 

Wer hat denn eigentlich das Recht zu bestimmen, was richtig oder falsch, gut oder schlecht und schön oder hässlich ist? Gibt es überhaupt ein Richtig oder Falsch?

 

Ich denke nicht. Manchmal ist für den einen richtig, was für einen anderen falsch ist und Geschmäcker sind sowieso ganz unterschiedlich. Und das ist auch gut so!

Wäre es nicht ganz wunderbar, wenn wir einfach unserem Herzen und Bauchgefühl folgen könnten, ohne ständig von der Außenwelt belehrt, bewertet und zurechtgewiesen zu werden? Fühlt sich ein Miteinander, in dem jeder so sein kann wie er ist, nicht viel besser an, als ein ständiges Vergleichen, Bewerten und Missionieren? Ich denke, es ist an der Zeit, damit aufzuhören, alles und jeden zu bewerten.

 

Mir ist bewusst, dass es für uns selbst eine echte Herausforderung sein kann, nicht mehr zu bewerten. Was mir immer wieder dabei hilft: Ich habe meinem Verstand, der nur allzu gern bewertet und kommentiert, einen Namen gegeben. Immer dann, wenn es mir zu turbulent in meinem Kopf wird und meine Gedanken nicht zur Ruhe kommen wollen, spreche ich ihn ganz liebevoll mit seinem Namen an, versuche ihn zu beruhigen und setze ihn manchmal sogar neben mir auf das Sofa, damit wir beide ein wenig Ruhe finden. Das klingt jetzt natürlich ganz schön verrückt, mir persönlich hilft es aber sehr. Ich kann auf diese Weise hervorragend in die Beobachterposition wechseln und mir bewusst machen, was für ein wirres Zeug mein Verstand mir manchmal gerade erzählen möchte. 

 

Aber egal, ob man bereit dazu ist, seinem Verstand einen Namen zu geben, wichtig im Umgang mit unserem Kind ist meiner Meinung nach vor allem: Sich bewusst zu machen, dass jede Bewertung, die wir aussprechen, auch in unserem Kind etwas auslösen und es im schlimmsten Fall ein Leben lang prägen wird. Nur ein einziger Satz kann es von seinem eigenen Weg abbringen, sein Talent blockieren und ihm seine Leichtigkeit nehmen.

Lob inspiriert ein Kind dazu, sein höchstes Potential zu entwickeln, unüberlegte Kritik hingegen kann sein Selbstvertrauen, seine Kreativität und seine Lebensfreude  in null Komma nix zerstören. Wenn wir unserem Kind ein Feedback geben möchten, dann sollte es immer überlegt und liebevoll sein und nur sein Verhalten, nicht seine Person betreffen.    

     

Es ist so wichtig, dass wir alle - und nicht zuletzt unser Kind - den Mut finden, unserer Intuition zu folgen, Dinge anders zu machen als alle anderen und auch mal aus der Norm zu fallen und uns damit so richtig wohl zu fühlen.